Definition
Sinti und Roma (m.)/ Sintizze und Romnja (w.) ist die kollektive Eigenbezeichnung für die größte ethnische Minderheit in Europa, die zumeist die indoeuropäische Minderheitensprache Romanes sowie eine historisch-geographische Herkunft teilen. Die selbstgewählte Bezeichnung wird heute anstelle der diskriminierenden Fremdbezeichnung "Zigeuner/ Zigeunerin" verwendet. Als Sinto bezeichnet sich ein Angehöriger und als Sintiza eine Angehörige der Gruppe der/die in Mitteleuropa, speziell im deutschsprachigen Raum lebt, der Singular für die Angehörigen der Gruppe, welche im ost- bzw. süd-osteuropäischen Raum leben, teilweise auch der gesamten Minderheit, ist Rom (m.)/ Romni (w.). Es gibt zudem zahlreiche in Sprache, Religion und Tradition variierende Untergruppen, die andere Eigennamen benutzen, etwa Kalderasch, Lovara, Kalé oder Lalleri.
Einordnung
Die Vorfahren der Sinti*zze und Roma*nja wanderten zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert aus dem heutigen Indien und Pakistan aufgrund von Kriegen, Verfolgung, Vertreibung oder aus wirtschaftlicher Not über Persien, Kleinasien oder den Kaukasus aus. Im 13. und 14. Jh. ließen sie sich in verschiedenen Teilen Europas nieder. Da es kaum eigene Schriftquellen von Sinti*zze und Roma*nja gibt und die vorhandenen Quellen zumeist von Nicht-Angehörigen der Gruppe stammen, ist die Rekonstruktion ihrer Geschichte aus ihrer Sicht schwierig. Die Eigenbezeichnung Sinti und Roma/ Sintize und Romnja findet sich in Quellen ab dem 18. Jh. Der Name "Sinti" könnte sich dabei möglicherweise von der Region Sindh (Indus) ableiten. "Rom" bedeutet Mensch oder Ehemann.
Da die Sinti*zze und Roma*nja als fremdartig und anders wahrgenommen wurden, wurden sie in verschiedenen Teilen Europas mit unterschiedlichen Fremdbezeichnungen versehen, um sie im Sinne des Othering auszugrenzen. Sie wurden beispielsweise als "Heiden" bezeichnet, aber auch Begriffe für Angehörige anderer Minderheiten, die lokal bekannt waren, wurden inkorrekterweise auf sie übertragen, etwa "Tartaren" (Norddeutschland, Skandinavien), "Ägypter" (England, Frankreich) oder "Böhmen" (Frankreich). Die heute immer noch weit verbreitete, jedoch vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskrimminierend abgelehnte Bezeichnung "Zigeuner/ Zigeunerin", wurde ab dem 14./15. Jahrhundert benutzt und ist die deutsche Übertragung des griechischen "athinganoi" (Unberührbare). Der mit diesem Begriff in Verbindung stehende Rassismus gegen Sinti*zze und Roma*nja wird als Antiziganismus bezeichnet.
Empfehlungen für den gegenwärtigen Sprachgebrauch
Die Bezeichnung Sinti und Roma/ Sintizze und Romnja ist von Angehörigen der Minderheit selbstgewählt und daher zum Gebrauch in allen Bereichen zu empfehlen. Dabei sollte darauf geachtet werden, wie sich die angesprochene Gruppe selbst bezeichnet. Ist lediglich eine bestimmte Untergruppe gemeint, sollte der dementsprechende Eigenname genutzt werden, da in diesem Fall die Verallgemeinerung Roma/Romnja abgelehnt werden könnte. Dabei sollte generell darauf geachtet werden, die dem Geschlecht angepasste Form zu verwenden: Einzahl, männlich: Sinto; Einzahl, weiblich: Sintez(z)a oder Sintiz(z)a; Mehrzahl, männlich: Sinti; Mehrzahl, weiblich: Sintez(z)e oder Sinti(z)ze; Einzahl, männlich: Rom; Einzahl, weiblich: Romni; Mehrzahl, männlich: Roma; Mehrzahl, weiblich: Romnja.
Die Fremdbezeichnung "Zigeuner/ Zigeunerin" ist abzulehnen, da sie historisch und gesellschaftlich mit einer Vielzahl an negativen Stereotypen verbunden ist und von Angehörigen als diskriminierend und rassistisch abgelehnt wird. Zudem wird dieser Begriff teilweise bewusst als Beleidigung benutzt. In Quellen ist diese Bezeichnung jedoch häufig aufzufinden, da es nur wenige von Angehörigen selbst erstellte Schriftquellen gibt und daher zumeist Quellen von Nicht-Angehörigen behandelt werden müssen. Hierbei ist, im universitären wie auch schulischen Kontext, eine kritische Auseinandersetzung mit der Fremdbezeichnung erforderlich. Sie sollte im wissenschaftlichen sowie schulischen Bereich höchstens als entsprechend kenntlich gemachtes Zitat verwendet werden, ansonsten ist die jeweilige Eigenbezeichnung zu empfehlen.
Anmerkung: Dieser Eintrag gendert Sinti*zze und Roma*nja mit Sternchen * um die Wichtigkeit einer gendergerechten Sprache im Bezug auf eine zu empfehlende Eigenbezeichnung zu verdeutlichen. "Zigeuner/ Zigeunerin" wird nicht auf diese Weise gegendert, da es sich um zwei seperate diskriminierende Bezeichnungen handelt, denen nicht durch Gendern eine falsche Legitimierung zugesprochen werden soll.
Literaturempfehlungen
Stellungnahmen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma: Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“, 09.10.2015, https://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner/ (letzter Zugriff am 07.07.2021).
NdM-Glossar: Sinti, Sintize, Romnja und Roma und weiterführende Begriffe, in: Wörterverzeichnis der Neuen deutschen Medienmacher*innen. o.D, https://glossar.neuemedienmacher.de/glossar/kategorie/06-sinti-und-roma/ (letzter Zugriff am 07.07.2021).
ENGBRING-ROMANG, Udo: Ein unbekanntes Volk? Daten, Fakten und Zahlen. Zur Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma in Europa, in: Bundeszentrale für politische Bildung, 24.02.2014, https://www.bpb.de/internationales/europa/sinti-und-roma-in-europa/179536/ein-unbekanntes-volk-daten-fakten-und-zahlen (letzter Zugriff am 07.07.2021).
Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen: Sinti*zze und Rom*nja, in: weiterdenken der Heinrich-Böll-Stiftung, o.D, https://weiterdenken.de/de/sintizze-und-romnja (letzter Zugriff am 07.07.2021).