Definition
barbarisch Adj. bedeutet so viel wie grausam, ungesittet, brutal und ungebildet. Ein Barbar stellt demnach einen unzivilisierten und ungebildeten Menschen dar.
Etymologie
Der Begriff barbarisch entstammt dem lateinischen barbarus, bedeutet so viel wie ‘ausländisch, fremd, ungebildet’ und ist dem griechischen bárbaros (βάρβαρος) ‘fremd, nichtgriechisch, unkultiviert, roh’ entlehnt. Als barbarus wurden im Lateinischen ‘Fremde, Ausländer der heimischen Sprache Unkundiger’ bezeichnet, also diejenigen Völker, die nicht griechisch sprachen. Dazu gehörten unter anderem die Perser, die Ägypter, die Phönizier und die Römer. Der Begriff hat einen lautmalerischen Ursprung und ahmt das Gehörte nach. Für die Griechen hörten sich die Worte der fremdsprachigen Völker wie unartikulierte und unverständliche Laute an, die wie „bar-bar“ klangen. Somit repräsentiert der „bar-bar“-Laut die Wahrnehmung anderer Sprachen durch die Griechen. Um 1400 wird der Begriff ins Deutsche entlehnt und steht für einen Fremden (im Gegensatz zu den Griechen oder Römern). Der Begriff ist darüber hinaus aber auch eine Bezeichnung für Heiden oder Angehörige einer fremden Religionsgemeinschaft. Im 16. und 17. Jh. setzt sich die Barbarei als Ausdruck für ‘Unmenschlichkeit, Rohheit, Unterentwickeltheit, Unwissenheit’, aus dem lateinischen barbaria ‘Ausland, Unkultur, Rohheit’ durch. Seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. wird der Begriff Barbar durch das Adjektiv barbarisch ‘grausam, unmenschlich, ungebildet’ erweitert.
Wissenschaftlicher Kontext
Der Begriff Barbar wurde in der Antike wie eine Volkszugehörigkeit verstanden. Als Barbaren wurden den Römern oder Griechen gegenüber Fremde oder Ausländer bezeichnet. Diese Bedeutung verlor sich jedoch mit der Zeit und der Begriff wurde eher als Synonym für grausames und unmenschliches Verhalten verstanden.
Schon im antiken Griechenland haben die Bewohner der Stadtstaaten die Menschen in kultiviert und barbarisch unterschieden. Herodot vergleicht in der Einleitung seiner Historien die ruhmreichen Griechen und die wilden Barbaren. Die Griechen bezeichneten alle Menschen als Barbaren oder als barbarisch, die nicht die griechische Sprache sprachen oder die Götter der Griechen verehrten. Auch wenn diese Bezeichnung zunächst keineswegs abwertend genutzt wurde, wurde sie über die Zeit ein Synonym für den Griechen kulturell unterlegene Völker. Im Gegensatz zu den Persern wurden die Makedonen jedoch von den Griechen nur als Halbbarbaren bezeichnet.
Der Begriff wurde im Laufe der Antike von den Römern übernommen. Die Römer wurden von den Griechen ursprünglich selber als Barbaren betitelt, da sie der griechischen Sprache nicht mächtig waren und kein Teil der griechischen Poleis waren. Mit der Zeit wurde der Begriff jedoch in den lateinischen Sprachgebrauch übernommen. Mit dem Begriff wurden in erster Linie Menschen bezeichnet, die außerhalb des griechisch-römischen Kulturkreises lebten. Dazu zählten beispielsweise die Germanen oder die Perser. Durch die exklusive Betitelung von Nicht-Römern als Barbaren wurde der Begriff mit Stereotypen und Vorurteilen besetzt, wodurch es als schwere Beleidigung galt, einen römischen Bürger barbarisch zu nennen.
In der Spätantike wandelte sich die Bedeutung des Begriffes so weit, dass er jetzt auch positive Attribute umfasste. Ein Barbar musste nicht unbedingt nur unzivilisiert und wild sein, er konnte auch tapfer und ein guter Krieger sein.
Allgemein kann gesagt werden, dass der Begriff dazu dient, das Selbstbild von einem Fremdbild abzugrenzen. Die Barbaren sind ein Sinnbild für "die Anderen". Es zeigt sich, dass der Begriff in der Geschichte weit zurück geht und die Zeit überdauert hat. Dabei wird klar, dass nicht der Barbar selber entscheidet, was barbarisch ist, sondern dass Barbaren immer aus der Sicht des Bezeichnenden beschrieben werden. Dies geschieht meist um ihr Selbstbild durch ein Fremdbild zu bestätigen.
Dies wird auch in der Zeit des Kolonialismus und Imperialismus deutlich. So rechtfertigte beispielsweise der Brite John Stuart Mill die Kolonialisierung Indiens mit dem Unterschied zwischen den barbarischen Wilden und den Aufklärern. Dieses Narrativ wurde von den anderen Kolonialmächten übernommen und diente zur allgemeinen Rechtfertigung der Unterwerfung fremder Völker. Im Zuge dieses Narrativs schlossen die Kolonisten daraus die Notwendigkeit, die Kolonisierten zivilisieren zu müssen und sie in "gebildete und humane Menschen“ zu verwandeln. So sollte den Barbaren als Sklaven Disziplin beigebracht werden.
Dieses unmenschliche Vorgehen der Kolonisatoren wird aus heutiger Perspektive wiederum selber als barbarisch bezeichnet. So verurteilte das französische Staatsoberhaupt Emmanuel Macron 2017 bei einem Besuch in Algerien die Kolonialisierung als „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und eine wahrhafte Barbarei.“[1]
Empfehlungen für den Sprachgebrauch
Für den modernen Sprachgebrauch lässt sich feststellen, dass der Begriff barbarisch ein abwertender Begriff ist und verwendet wird, um eine Person zu entmenschlichen und zu implizieren, dass ihre Kultur primitiv sei. Aus diesem Grund ist von dem Gebrauch des Wortes barbarisch als Beschreibung von Menschengruppen abzusehen und es ist durch gesellschaftliche und kulturelle Eigenbezeichnungen zu ersetzen. Wird der Begriff in anderen Kontexten doch gebraucht, sollte man sich stets die diskriminierende Begriffsgeschichte und den rassistischen Gebrauch bewusst machen und ihn unter kritischer Reflexion verwenden.
Der Begriff kann auch synonym für unmenschlich oder erbarmungslos verwendet werden. Ein Beispiel wäre dabei die Aussage von Emmanuel Macron. Aber auch von einer "barbarischen Hitze" zu sprechen, wenn man sich über einen heißen Sommer beklagt, ist unproblematisch. Allgemein lässt sich sagen, dass der Begriff barbarisch im richtigen Kontext, gerade in Bezug auf Gewalttaten oder unmenschliche Zustände auch heute noch verwendet werden kann. Von der Bezeichnung einer einzelnen Person oder einer Personengruppe als Barbar oder Barbaren, um diese gegenüber anderen abzuwerten, ist aufgrund der rassistischen Begriffsgeschichte jedoch abzusehen.
Literaturempfehlungen
[1] Unger, Andreas: Die Anderen - Eine Anthologie der Barbaren. Frankfurt am Main, 2018, S. 270.
Arndt, Susan: „Barbar_in“/„barbarisch“. In: Arndt, Susan (Hg.); Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. 3. Aufl., Münster, 2019.
Eberl, Oliver: Naturzustand und Barbarei: Begründung und Kritik staatlicher Ordnung im Zeichen des Kolonialismus. Hamburg, 2021.
Losemann, Volker: “Barbaren”. In: Cancik, Hubert (Hg.); Landfester, Manfred (Hg.); Schneider, Helmuth (Hg.): Der Neue Pauly. http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e212470 (14.07.21 10:56).
Herodot: Historien. Deutsche Gesamtausgabe. Neu übersetzt, herausgegeben und erläutert von Heinz-Günther Nesselrath. 5. Aufl., Stuttgart, 2017.
https://www.dwds.de/wb/barbarisch (14.07.21 10:56).