Kolonisierte, der, die
Definition
Unter „Kolonisierte” werden diejenigen Menschengruppen verstanden, die von fremden externen Kolonialmächten unterworfen wurden.
Bei dem Wort „Kolonisierte*r” handelt es sich um eine Partizipform, wodurch das Wort adjektivische Eigenschaften erhält und gleichzeitig Eigenschaften des Ursprungsverbes beibehält. Als eigenständiges Wort ist der Begriff „Kolonisierte*r” nicht im Duden oder anderen Wörterbüchern zu finden, jedoch findet er in der Literatur, insbesondere in der Geschichtswissenschaft, Anwendung. Abgeleitet von den Begriffen „Kolonie” (auswärtige Besitzung eines Staates, die politisch und wirtschaftlich von ihm abhängig ist) und „kolonisieren” (1. ein Gebiet zu einer Kolonie machen 2. urbar machen, besiedeln und wirtschaftlich erschließen), sind mit „Kolonisierte” diejenigen gemeint, die in ihrem Land von auswärtigen „Kolonisator*innen” (1. jemand, der führend an der Gründung und Entwicklung von Kolonien beteiligt ist 2. jemand, der ein Gebiet kolonisiert) ‘unterworfen’ werden.
Einordnung
Empfehlungen/Anregung für den gegenwärtigen Sprachgebrauch
Problematisch dabei ist die Verallgemeinerung des Begriffs „Kolonisierte*r”. Die historische Forschung zeigt, dass es eben nicht zwei getrennte Gruppen, nämlich die „Kolonisierer” bzw. die „Kolonisator*innen”, und die „Kolonisierten” gibt, sondern koloniale Akteure auf unterschiedlichste Art miteinander in Verbindung standen und sich ihren Handlungsspielraum auf einer individuellen Ebene selbst schaffen konnten. Dazu müsste sich ein Neologismus oder alternatives Wort von der Homogenisierung der „Kolonisierten” entfernen. Aufgrund unterschiedlicher Gegebenheiten der „Kolonisierten” wie bspw. sozialer Herkunft, ökonomischer Lebenslagen und geographischer Unterschiede des Lebensraumes sowie sprachlicher und kultureller Heterogenität, sollten, ähnlich der „Wir-Betrachtung” des Begriffs „Ethnie”, moderne und neutrale Begriffe, die auf das kolonisierte Individuum und nicht das kolonisierte Kollektiv abzielen, etabliert werden. Es sollten in dem Zusammenhang aus individueller Sicht möglicherweise von Autochthonen und aus kollektiver Sicht von „Communities” gesprochen werden, um eine neutralere und nicht homogenisierende Bezeichnung zu ermöglichen. Im schulischen bzw. universitären Bereich sollte den Lernenden die Problematik des Begriffs erläutert werden.
Literatur
Memmi, A./ Gordimer, N.; Sartre, J.-P. (Hrsg.): Der Kolonisator und der Kolonisierte: zwei Portraits. Mit einem Vorwort von Jean-Paul Sartre und einem Nachwort des Autors zur deutschen Ausgabe. Aus dem Französischen übersetzt von Udo Rennert. Hamburg 1994.
Brandstetter, A.-M.: Kolonialismus. Wider die vereinfachenden Dichotomien, in: Deutsch, Jan-Georg; Albert Wirz (Hrsg.): Geschichte in Afrika. Einführung in Probleme und Debatten. Das Arab. Buch. S. 75-107.
Heinz, M. (1999): Der fundamentale Irrtum im „ethnischen Diskurs“. Wilhelm Heitmeyers unkritischer Umgang mit einem undefinierten Begriff. In: Bukow, W.-D./ Ottersbach, M. (Hrsg.): Der Fundamentalismusverdacht. Plädoyer für eine Neuorientierung der Forschung im Umgang mit allochthonen Jugendlichen, Wiesbaden, S. 159-177.
Waßmuth, I. G. (2009): Afrikaner als Produkt kolonisatorischen Sprechens in Kolonie und Heimat. In: Warnke, I. H. (Hrsg.): Deutsche Sprache und Kolonialismus. Aspekte der nationalen Kommunikation 1884-1919. Berlin, S. 315-349.
Internetseiten
„Kolonisator” in: Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Kolonisator, zuletzt aufgerufen 15/06/21.
„kolonisieren”, in: Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/kolonisieren zuletzt aufgerufen 15/06/21.
„Kolonie”, in: Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Kolonie zuletzt aufgerufen 15/6/21.
https://www.google.de/books/edition/Europa_Afrika/wf4DAAAAMAAJ?hl=de&gbpv=1&bsq=%22kolonisierte%22&dq=%22kolonisierte%22&printsec=frontcover zuletzt aufgerufen 22/6/21.