Hottentotten

Definition


Der Begriff „Hottentotten“ ist ein Sammelbegriff und bezeichnet die Khoikhoi, eine Familie von Ethnien, welche im Südwesten Afrikas, dem heutigen Namibia und Südafrika, leben. Im gegenwärtigen Sprachgebrauch wird das Wort „Hottentotten“ selten als Synonym für die Khoikhoi verwendet. Stattdessen wird es häufiger umgangssprachlich in Redewendungen, wie zum Beispiel „Hier sieht es aus, wie bei den Hottentotten!“, genutzt und steht in diesem Zusammenhang für Chaos und Unordnung.

Etymologie


Die Bezeichnung „Hottentotten“ ist ein Neologismus, der erstmalig von den Buren benutzt wurde und seit dem 17. Jahrhundert bezeugt ist. Im nördlichen Dialekt des Afrikaans bedeutet „hottentots“ Gestotter oder Stotterer. Dies bezieht sich auf die Klick- und Schnalzlaute, welche in den Sprachen der Khoikhoi vorkommen. Vermutlich klangen diese Laute ungewohnt für die Buren, sodass sie die indigenen Sprachen als Gestotter wahrnahmen und der Ausdruck „hottentots“ verwendet wurde. Vielleicht versuchten die Europäer:innen aber auch, diese Artikulationsweise mit dem Wort „hottentots“ zu imitieren. Eine andere Möglichkeit, wie der Begriff entstand, ist eine Abwandlung des nordafrikanischen Wortes „Hadendoa“, welches eine Ethnie im heutigen Sudan bezeichnet.

Die Kriterien, nach denen die afrikanischen Gesellschaften mit diesem Terminus zusammengefasst wurden, sind fragwürdig, denn „Hottentotten“ bezeichnet einige, aber bei weitem nicht alle Ethnien, in deren Sprache Klicklaute vorkommen. Der Sammelbegriff umfasst die Nama, Korana und Griqua, im weiteren Sinne teilweise auch die San. In der deutschen Sprache wird der Terminus teilweise nur für die Nama verwendet, da diese in der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika lebten. Zudem leben heute abgesehen von den Nama nur noch wenige Angehörige der Khoikhoi.

Im deutschen Kolonial-Lexikon werden die „Hottentotten“ sogar als eigene Rasse klassifiziert, die sich von Afrikaner:innen genauso sehr unterschied, wie von Europäer:innen. Worin dieser angebliche Unterschied besteht, wird allerdings nicht näher erläutert, betont wird aber eine ungewöhnlich helle Hautfarbe. Bei der Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika übernahmen die deutschen Kolonialherren den Begriff in die deutsche Sprache. Nach der Kolonialzeit wurde die Bezeichnung auch benutzt, um Menschen mit vermeintlich unterlegener Kultur oder fehlenden intellektuellen Fähigkeiten zu beschreiben.

Empfehlungen für den gegenwärtigen Sprachgebrauch


Die Bezeichnung „Hottentotten“ sollte sowohl in der Alltags- als auch in der Bildungssprache nicht mehr verwendet werden, da das Wort in der Kolonialzeit entstanden ist, hier bereits rassistisch und abwertend gemeint war und als Spottname genutzt wurde. Außerdem ist es eine Fremdbezeichnung, denn sie selbst bezeichnen sich als „Koikoin“, was so viel wie Menschen bedeutet. Als alternativer Begriff kann hierfür die Khoikhoi oder, falls auch die San gemeint sind, Khoisan genutzt werden. Im historischen Kontext, zum Beispiel bei einer sprachlichen Untersuchung von Quellen, sollte der Terminus in Anführungszeichen gesetzt und seine abwertende Bedeutung erläutert werden. Zudem ist der Begriff unpräzise, da er verschiedene Ethnien zusammenfasst und eine nicht vorhandene Homogenität suggeriert. Es ist nicht immer eindeutig, ob die Khoikhoi, die Khoisan oder nur die Nama gemeint sind.

Im Umgangssprachlichen Gebrauch steht „Hottentotten“ für Unordnung und Unzivilisiertheit, was die oben genannte Redewendung „Hier sieht es aus wie bei den Hottentotten“ oder die Bezeichnung des Live-Albums aus dem Jahre 2011 von Marius Müller-Westernhagen als „Hottentottenmusik“ aufgrund einer fehlenden musikalischen Ordnung verdeutlicht. Damit ist der Begriff auch heute noch negativ konnotiert Insbesondere deshalb und aufgrund der rassistischen Bedeutung und Entstehung in der Kolonialzeit sollten diese und ähnliche Redewendungen generell aus unserem Wortschatz gestrichen werden und der Terminus in bildungs- und alltagssprachlichem Kontext durch Khoikhoi bedingungslos ersetzt werden.

Literatur zum Weiterlesen


Kristyn Harman: Aboriginal Convicts. Australian, Khoisan and Maori Exiles, Sidney 2012.

AntiDiskriminierungsBüro Köln und Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. (Hrsg.): Sprache schafft Wirklichkeit. Glossar und Checkliste zum Leitfaden für einen rassismuskritischen Sprachgebrauch, Köln 2013.

Susan Arndt: Kolonialismus, Rassismus und Sprache: https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/afrikanische-diaspora/59407/afrikaterminologie?p=0 (06.07.2021)

Theresa Demski: Wie bei den Hottentotten: https://www.wlz-online.de/landkreis/hottentotten-5413101.html (06.07.2021)

"Hottentotten", in: Deutsches Kolonial-Lexikon: http://www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/Bildprojekt/Lexikon/Standardframeseite.php?suche=hottentot (06.07.2021)

"Hottentotte", in: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Hottentotte (06.07.2021)

"Hottentotte", in: Duden: https://www.duden.de/rechtschreibung/Hottentotte (06.07.2021)

Zuletzt geändert am 06.07.2021 18:02 Uhr
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