Neger

Definition

Die Herkunft des abwertenden Begriffes geht auf das lateinische niger, das spanische und portugiesische negro und auf das französische nègre zurück, was schlicht eine Bezeichnung für die Farbe 'schwarz' ist. Im Zuge des Aufkommen des Kolonialismus, der Sklaverei der frühen Neuzeit und der Rassentheorien entwickelte sich aus der einfachen Farbbezeichnung ein sprachübergeifendes Konzept, in dem Menschen in das Konstrukt der 'Rasse' und 'Hautfarbe', eingegliedert und kategorisiert werden.1

Einordnung in den wissenschaftlichen Kontext

Mit der Kategorisierung von Menschen in der frühen Neuzeit, anhand des Kriteriums der 'Hautfarbe' oder der 'Rasse', kam eine Farbsymbolik mit einher, in der sich Europa als 'weiß' definierte, während das antithetische 'Andere' als 'schwarz' bezeichnet wurde. Schon im Mittelalter herrschten Farbkontraste, jedoch um Personen bestimmte Eigenschaften zuzuordnen. "Der französische König konnte als »dunkel« empfunden werden, weil er in Kriegslaune war. Als »weiß« beschriebene Menschen galten als unmännlich, träge oder barbarisch."2 Der Kolonialismus und der damit einhergehende atlantische Sklavenhandel ließ kollektiv Hautfarben zu Völkerschaften, Ländern und Kontinenten zuordnen.3 Dieses Denken förderte die Stigmatisierung und kategorische Einordnung von Menschen 'anderer Hautfarben'.

Noch im 16. Jahrhundert wurde der Begriff zur pauschalen Betitelung für Afrikaner_innen, wobei die visuell erkennbare ‚Hautfarbe‘ als Kriterium verknüpft wurde. Ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert begann die Unterscheidung zwischen den eher als 'weiß' eingeschätzten muslimischen Arabern im Norden Afrikas, die als 'zivilisierter' erachtet wurden, als die Menschen im subsaharischen Afrika.4 Jene zusätzliche Unterscheidung dient lediglich dem Zweck die unterschiedlichen Hautfarbentypen auf dem afrikanischen Kontinent festzumachen.

Das Zeitalter der Aufklärung ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Europa und Nordamerika erforderte von 'Forschenden' eine Ausweitung der Definition von 'Hautfarben' oder 'Rassen', sodass für die Klassifizierung von Menschen, das Kriterium der 'Hautfarbe' nicht mehr ausreichte. 'Forschende' stellten mögliche Thesen zur Entwicklung der unterschiedlichen 'Menschenrassen' auf. Einerseits stammen Menschen nach der anthropologischen Polygenese von unterschiedlichen Vorfahren ab, sodass 'Menschenrassen' untereinander nicht verwandt sein könnten. Andererseits würden Menschen von einem Vorfahren oder einem Paar von Vorfahren abstammen, deren Nachfahren sich in der Zeit unterschiedlich weit entwickelt hätten.5 Um mit fortschreitendem wissenschaftlichem Fortschritt diese Rassentheorien erhalten zu können, wurden auch Forschungsansätze im Sinne der Rassenkunde weiterentwickelt, um die Existenz von 'Menschenrassen' zu beweisen.

Das N- Wort wird in einer älteren Ausgabe des Duden, aus dem Jahr 1996, nur beiläufig als abwertend erwähnt. Statt eine ausdrückliche Bezeichnung für den abwertenden Begriff zu nutzen, wird vermerkt, dass der Begriff „Neger“ „[…] (auch abwertend); […]“6 sei. Als Gegensatz wird in anderen Einträgen wie „Mohr, der Begriff als „veraltet“7 bezeichnet. Dem ist also beim Begriff „Neger“ nicht der Fall.

Die weiterhin pejorative Verwendung des abwertenden Begriffes begann erst ab den 1980er Jahren in der deutschen Mehrheitsgesellschaft hinterfragt zu werden. Der Verein 'Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland' (ISD) förderte die ersten Schritte zur inhaltlich- kritischen Auseinandersetzung mit rassistisch konnotierten Begrifflichkeiten. Vor allem die kritische Reflexion über das Konstrukt 'Hautfarbe' zeigt, dass die kategorischen Zuordnungen von Menschen zu biologistischen und rassistischen Konstruktionen dazu führen, dass soziale und politische Positionen geschaffen werden, welche in der Realität wirkmächtig den Alltag von Gesellschaften beeinflussen, weswegen solche Realitäten, mitsamt ihrer Begriffe thematisiert werden müssen.8

Empfehlungen für den gegenwärtigen Sprachgebrauch

Der thematisierte Begriff, mitsamt seinen zahlreichen Redewendungen und Sprichwörtern, ist unzertrennlich mit dem Kolonialismus, der Sklaverei und der gezielten Abwertung von Menschen afrikanischer Herkunft verbunden, weswegen er für den Sprachgebrauch gänzlich ungeeignet ist. Auf der Basis von zwischenmenschlicher Kommunikation werden Respekterweisung und Respektentzug anhand einer weißen Perspektive entschieden.9

Auch die Verwendung des Vermeidungsbegriffs 'N- Wort' bezieht sich direkt auf die kolonialen Kontinuitäten des gemeinten Wortes, sodass aus 'weißer' Perspektive ein asymmetrisches Herrschaftsverhältnis weitergeführt wird, wenngleich bewusst versucht wird einen Begriff mit den visuell ähnelnden Eigenheiten zu suchen.

Hierzu gehören auch die Bezeichnungen 'braun' oder 'dunkelhäutig' für Menschen, da direkter Bezug zum Konstrukt 'Hautfarbe' genommen wird und in dessen Rahmen ihre Bedeutungen, unter einer verkrampften Notwendigkeit von Bennenungszwecken, reproduziert werden.10

Um jegliche Konnotationen unterbewusst nicht bilden und fortführen zu müssen, beschreiben wertfreiere Begriffe, nationaler oder regionaler Verortungen (z.B. Tansanier_in) oder Termini wie Schwarze_r, Afrodeutsche_r oder Schwarze_r Deutsche_r Begriffsalternativen.11 Seit jüngerer Zeit etabliert sich auch der Begriff People of Colo(u)r (abgekürzt: PoC's), welcher Menschen beschreibt, die nicht aus den Perspektiven des 'Weißseins' zugeordnet werden wollen.12

Verwendete Literatur

[1] Vgl. Susan, Arndt: "Neger". In : Arndt, Susan (Hg.); Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. 2. Aufl., Münster, 2019, S. 653- 657.

[2] Christoph Gunkel: Rassismus, Kolonialismus, Diskriminierung: Geschichte der Hautfarbe 04/2021, veröffentlicht durch spiegel.de, URL online unter: https://www.spiegel.de/geschichte/rassismus-kolonialismus-diskriminierung-geschichte-der-hautfarbe-a-0b060954-9839-4b57-892a-59c962cfb319 (abgerufen am 15.02.2022).

[3] Vgl. ebenda.

[4] Vgl. Valentin Groebner: Haben Hautfarben eine Geschichte? Personenbeschreibungen und ihre Kategorien zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Historische Forschung. 30 (2003) 1, S. 1- 17, hier S. 12- 15.

[5] Vgl. Alice Hasters: Mückenstiche mit System 10/2020, veröffentlicht durch die Bundeszentrale für politische Bildung, URL online unter: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/antirassismus-2020/316756/mueckenstiche-mit-system/#footnote-target-5 (abgerufen am 15.02.2022).

[6] Duden. Die deutsche Rechtschreibung. Wien, Leipzig, Zürich: Dudenverlag, 1996, S. 519.

[7] Duden. Die deutsche Rechtschreibung. Wien, Leipzig, Zürich: Dudenverlag, 1996, S.500.

[8] Vgl. Susan, Arndt: "Neger". In : Arndt, Susan (Hg.); Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. 2. Aufl., Münster, 2019, S. 653- 657.

[9] Vgl. ebenda, S. 654.

[10] Vgl. Susan, Arndt: "braun". In: Arndt, Susan (Hg.); Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. 2. Aufl., Münster, 2019, S. 682.

[11] Vgl. Susan Arndt: "Neger_in". In: Arndt, Susan (Hg.); Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. 2. Aufl., Münster, 2019, S. 656- 657.

[12] Vgl. ebenda, S. 657.

Weiterführende Lektüre und Links

Grada Kilomba: Das N- Wort 06/2009, veröffentlicht durch die Bundeszentrale für politische Bildung, URL online unter: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/afrikanische-diaspora/59448/das-n-wort/.

"Warum sollte man das N-Wort nicht benutzen?" ,o.D., veröffentlicht durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem Programm 'Demokratie leben!' von Daniel Gyamerah, Vorstand des Each One Teach One (EOTO) e.V., URL online unter: https://www.demokratie-leben.de/magazin/magazin-details/warum-sollte-man-das-n-wort-nicht-benutzen-60.

Link zur Homepage der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland: https://isdonline.de/.

Zuletzt geändert am 24.07.2022 17:46 Uhr
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