Definition
Der Duden definiert den Begriff der Strafexpedition wie folgt: „[militärische] Aktion gegen Menschen, die sich in irgendeiner Weise widersetzen, gegen ein Land in der Interessenssphäre einer [Kolonial]macht“ [1]. Der Aspekt der Kolonialisierung wird in einer weiteren Definition besonders hervorgehoben: „militärische Aktion eines Staates, besonders einer Kolonialmacht, Okkupationsmacht, gegen diejenigen, die sich gegen die Herrschaft des fremden Staates auflehnen“ [2]. Außerdem wird auch die Personengruppe, die an der Durchführung dieser (militärischen) Aktion beteiligt ist, unter dem Begriff gefasst [3].
Einordnung
Habermas spricht davon, dass Strafexpeditionen ein Teil des Kerns kolonialer Herrschaft ausmache und der koloniale Alltag dadurch von struktureller Willkür seitens der Kolonialherren geprägt war [4].
Die Ausmaße einer solchen Strafexpedition sollen hier anhand eines dokumentierten Beispiels veranschaulicht werden.
„Wie solche Terroraktionen in fast allen europäischen Kolonien vonstattengingen, erhellt der Bericht über ein deutsches Kommandounternehmen, […] eines älteren Kanonenboots, das mittlerweile als Vermessungsschiff diente – von Einheimischen mit Pfeilen beschossen […]. Es ging also um die genaue Vermessung und Kartographie der Insel. Für den Angriff der einheimischen Männer gibt es jedoch zwei Erklärungen, die beide von plausibel begründeter Gegenwehr ausgehen […]. Fest steht, dass die Invasoren außer einigen leicht zu kurierenden Verletzungen keine Schäden zu beklagen hatten. Dennoch rückte der Kapitänleutnant […] mit zwölf gemieteten Arbeitern und einem bewaffneten Kommando an, um die acht Dörfer der Insel […] niederzubrennen, die Kanus zu zerschlagen und die Kokospalmen fällen zu lassen. […] Zu diesem Zweck wollte er die Einwohner der Insel Aly in einer „Ecke der Insel“ zusammentreiben lassen […], um sie dort vom Schiff aus mit den Revolverkanonen zu beschießen“ [5]. Durch die Zerstörung jeglicher Lebensgrundlage kam es zu Hungersnöten, Erkrankungen und Fluchten, die nicht selten tödlich endeten [6].
„Kaum war das Massaker vollzogen, erklärte der kommissarische Landeshauptmann […] die Insel Aly für „herrenlos“ und übereignete sie der im Mai 1882 in Berlin gegründeten Neuguinea-Kompagnie“ [7].
Empfehlungen
Das Begriffspaar „Strafexpedition Südsee“ ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Wird sich dem Wort „Strafexpedition“ gewidmet und die Zusammensetzung aufgelöst, steht auf der einen Seite die Strafe und auf der anderen die Expedition. Die Verwendung des Wortes „Strafe“ ist in diesem Kontext deshalb problematisch, da sie beispielsweise laut der Definition des Dudens erfolgt, wenn etwas zu Unrecht unternommen wurde [8]. Vor dem Hintergrund des Kolonialismus handelt es sich hier aber nicht um begangenes Unrecht, sondern Verteidigung der Kolonisierten. Auch „Expedition“ erscheint hier unangebracht, da unter diesem Begriff primär eine Forschungsreise verstanden wird. Die Kolonialherren verfolgten zwar ein gewisses Forschungsinteresse, was jedoch in keinem Verhältnis zu Eroberungsinteressen steht. Daher ist die Zusammensetzung der „Strafexpedition“ unangemessen. Auch der Begriff der Südsee deckt geographisch gesehen ein unklar definiertes Gebiet ab und erfolgt aus einer europäischen Zuschreibung heraus. Aus diesen Gründen ist die Bezeichnung der „Strafexpedition Südsee“ zu vermeiden, sollte es sich nicht um die Wiedergabe von Quellensprache handeln. Vielmehr kann beispielsweise von willkürlichen militärischen Aktionen gesprochen werden.
Verwendete Literatur
- https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafexpedition
- https://www.dwds.de/wb/Strafexpedition
- Aly, Götz: Das Prachtboot. Wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten. Frankfurt a.M. 2021 (2. Auflage).
- Habermas, Rebekka: Die Entdeckung unserer Kolonien in der Südsee (Historische Zeitschrift Bd. 314 Heft 2), abrufbar unter: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/hzhz-2022-0011/html.
- https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafe
[1] https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafexpedition
[2] https://www.dwds.de/wb/Strafexpedition
[3] vgl. https://www.dwds.de/wb/Strafexpedition
[4] vgl. https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/hzhz-2022-0011/html?casa_token=44UeiP7p4X8AAAAA:4zI05ZI1abDtKosWqHFiSAgJihpASUisarigUORGuB5Zj9uOHt90XQDeH2ocIPWVhJld6aTzRaI (Artikel von Rebekka Habermas // Die Entdeckung unserer Kolonien in der Südsee, S. 386.
[5] Aly, Götz: Das Prachtboot. Wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten. Frankfurt a.M. 2021 (2. Auflage), S.29-31
[6] vgl. Aly, Götz: Das Prachtboot. Wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten. Frankfurt a.M. 2021 (2. Auflage), S.31.
[7] Aly, Götz: Das Prachtboot. Wie Deutsche die Kunstschätze der Südsee raubten. Frankfurt a.M. 2021 (2. Auflage), S.32.