Heilpädagogik online

 

 

Jahrgang 9 (2010)

Ausgabe 02|10

Miriam Schöps
Schulerfolg von Kindern mit Migrationshintergrund. Einflüsse mehrsprachiger Sozialisation

Zusammenfassung:
Die Gesamtheit der Kinder mit Migrationshintergrund ist im deutschen Bildungssystem benachteiligt, doch innerhalb dieser heterogenen Gruppe bestehen große Disparitäten im Bezug auf den Schulerfolg. Daneben existieren Unterschiede im Sprachgebrauch zwischen den Migrantengruppen. Da Sprache als Medium der Wissensvermittlung in der Schule eine hohe Bedeutung hat, stellt sich die Frage, welche Aus­wirkungen ein mehrsprachiges Aufwachsen in der deutschen Gesellschaft haben kann.
Im Beitrag wird durch eine Synopse aktueller und älterer Forschungsergebnisse die Schulerfolgssituation von mehr­sprachigen Kindern mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem analysiert, im Fokus steht der Einfluss einer mehrsprachigen Sozialisation auf den Schulerfolg.

The entity of children with migration background is discrim­inated in the German educational system, yet within this heterogeneous group exist major disparities related to school success. Furthermore differences in language usage between the different groups of migrants can be found. As language has a high relevance in school, being the medium of knowledge transfer, the question for possible impacts of a multilingual socialization within the german society arises. Within this paper, the situation of school success of multilin­gual children with migration background in Germany is ana­lyzed. The focus is set on the influence of multilingualism on school success.
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Andrea Lanfranchi
Bildungsdisparitäten: Für was ist die Schule zuständig, für was nicht?

Zusammenfassung:
Die Wirkungsanalyse bisheriger Massnahmen zur Erhöhung des Schulerfolgs von Kindern mit Migrationshintergrund ergibt, dass sie zu spät kommen, zu wenig lang dauern und zu punktuell angelegt sind. Sie müssen früher ansetzen, länger dauern und ganzheitlicher angesiedelt werden. Vor allem müssen diejenigen Kinder bzw. Familien von Beginn an (das heisst ab Geburt) erreicht werden, die es am nötigsten haben. Die selektive Prävention im Falle primärer sozialer Ungleichheiten wie familiäre Deprivation ist aber nicht Aufgabe der Schule, sondern der Jugend- und Familienhilfe. Die Schule kann erst zu einem späteren Zeitpunkt Einfluss nehmen, u.a. dadurch, dass sie sekundäre soziale Ungleichheiten wie ethnische Diskriminierung verhindert. Der hohe Anspruch einer Bildungsgerechtigkeit erreichen wir somit mit institutionellen Veränderungen im Sinne einer "Schule für alle", zuallererst aber mit einer Stärkung der bedürftigen Familien.

The effect analysis of previous activities to improve the educational attainment for children with immigration background shows that they are too late, not long enough and too selective. They have to start earlier, continue for longer periods of time and need to be set up in more integral ways. In particular those children or families needing the measures the most, have to be reached from the very beginning (that means from birth). The prevention in case of primary social disparities such as family deprivation is not the school's responsibility though, but needs to be looked after by the youth and family assistance. The school can only exert influence at a later point, amongst other things by preventing secondary social disparities such as ethnic discrimination. The high expectations regarding educational equity can thus be accomplished by institutional changes in terms of a "school for everybody", first and foremost however with strengthening needy families.
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Wolfgang Zaschke
Praxisbericht: Fluchtpunkt Sonderschule

Zusammenfassung:
"Fluchtpunkt Sonderschule - Alternativen zur Abschiebung von Migranten in die Förderschulen" ist ein laufendes, anfangs durch die Aktion Mensch ermöglichtes Modell der Prävention in Praxis und Theorie. Der Bericht stellt Chancen und Grenzen der Verbesserung von Schulkarrieren dar, die sich aus einer Diversifizierung außerschulischer Förderung und Beratung in drei Jahren ergaben. Daneben skizziert er die Ergebnisse einer qualitativen Auswertung der Einzelfälle und der Perzeptionen der im Verfahren relevanten Akteure: überrepräsentation von Migranten in der Förderschule resultiert danach maßgeblich aus fehlender oder falscher Diversifizierung von Unterricht, Förderung und Beratung in Schulen, Jugendhilfe, Recht und Verwaltung. Das auf Zwangseinweisung beruhende Verfahren wirkt prädominant und überformt alle Schritte systemischer oder innerschulischer Reform, insbesondere Schritte zur inklusiven Beschulung oder des "diversity managements". Die durch Grundrechtseinschränkungen stabilisierte Struktur kann aber durch Sensibilität und interkulturelle Kompetenz der Lehrkräfte, der Kinder- und Jugendarbeiter und der örtlichen Bildungspolitik fallbezogen und durch Verfeinerung und Vergleich professioneller Normen geöffnet werden. Empfohlen wird ein konsequenter Perspektivenwechsel von administrativem Management der Diversität auf die spezifische Kompetenz und Verantwortung der Berufsgruppen, Träger, Adressaten und aktiven Bürger.
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Anke Lengning, Katja Mackowiak und Nicole Matheis
Bindung und Emotionsregulation bei klinischen Stichproben

Zusammenfassung:
In dieser Studie wurden Zusammenhänge zwischen Bindung und der Verwendung adaptiver und maladaptiver Emotionsregulationsstrategien bei 83 Kindern (8-14 Jahre) einer Kinder- und Jugendpsychiatrie mit unterschiedlichen Diagnosen überprüft und im Vergleich zu unauffälligen Stichproben dargestellt. Die Kinder bearbeiteten zur Klassifikation der Bindungsorganisation das "Bochumer Verfahren zur Erfassung der Bindungsmotivation" (Höner, 2000; Trudewind & Steckel, 1998) und zur Erfassung habitueller Emotionsregulationsstrategien den "Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen" (FEEL-KJ) von Grob und Smolenski (2005). Die Ergebnisse weisen auf einen Zusammenhang zwischen psychischen Auffälligkeiten und unangemessenem Bewältigungsverhalten hin. Weiterhin zeigte sich, dass eine sichere Bindungsorganisation eine bessere Voraussetzung darstellt, Belastungen adaptiv zu bewältigen, als eine unsichere Bindungsorganisation.

In this study relationship between patterns of attachment and use of adaptive and maladaptive emotion regulation strategies of 83 children (aged between 8 and 14) with different diagnoses of mental disorders was examined and compared with a non-clinical sample. The children completed the "Bochumer Verfahren zur Erfassung der Bindungsmotivation" (Höner, 2000; Trudewind & Steckel, 1998) to classify patterns of attachment and - to receive their habitual emotion regulation strategies - the "Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen" (Grob & Smolenski, 2005). The results indicate a relationship between mental disorders and inadaquate coping-behaviour. Furthermore, results show, that a secure attachment is a better precondition to cope with stress in an adaptive manner than an insecure attachment.
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Christian Eichfeld und Sylvia Trommer
übergewicht als Herausforderung und Aufgabe. Risikofaktoren für die Entwicklung von übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendliche mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung

Zusammenfassung:
Aktuelle Zahlen aus der Forschung sind alarmierend: Dem­nach sind 15% der deutschen Kinder- und Jugendlichen übergewichtig! Im Artikel werden Begriff, Klassifikation und Ursachen von Adipositas sowie Risikofaktoren und deren be­sondere Bedeutung für Schüler im Förderschwerpunkt geis­tige Entwicklung zusammengefasst. Auf Basis einer Unter­suchung zum Essverhalten von Jugend­lichen an einer För­derschule in Sachsen wird erarbeitet, dass sozioökonomi­sche Faktoren und die soziale Herkunft erhöhte Risiken dar­stellen, eine Gesundheitsstörung wie Adipositas zu entwi­ckeln. Sieht man diese Risikofaktoren im Kontext zur famili­ären Situation, so wird deutlich, dass die Institution Schule eine enorme und wachsende Verantwor­tung hinsichtlich des Erlernens gesundheitsförderlichen Ver­haltens hat. Dazu zäh­len die curriculare Behandlung ge­sundheitsrelevanter The­men im Unterricht und die prakti­sche Umsetzung im Schulalltag.

Topical figures from the research are alarming: Therefore, 15% of the German children and youngster are overweight! Concept, classification and causes of Adipositas as well as risk factors and their special meanings for pupils with intellectual disabilities are summarised in the article. On the basis of an investigation into eating behaviour of youngsters in a special school in Saxony it is compiled that raised risks explain to socioeconomic factors and the social origin to develop a health disturbance like Adipositas. If one sees these risk factors in the context to the informal situation, it becomes clear that the institution school has a huge and growing responsibility concerning the adapting of behaviour conducive to health. In addition count the curricular treatment of subjects relevant for health in the lessons and the practical conversion in school everyday life.
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Anna-M. Peters
Praxisbericht: Schließt eine geistige Behinderung die Nutzung des Persönliches Budgets aus? Ein Blick auf das Für und Wider

Zusammenfassung:
In öffentlichkeit und Fachwelt werden Menschen mit geisti­ger Behinderung vermehrt Selbstbestimmung ab- und Defi­zite und damit verbunden oftmals paternalistische Fürsorge­maßnahmen zugeschrieben. Allerdings kann hier konstatiert werden, dass diese Menschen zu Selbstbestimmung und Selbständigkeit, Steigerung ihrer Lebensqualität und einer gleichberechtigte Teilhabe am alltäglichen Leben der Gesell­schaft fähig sind, wenn sie dementsprechende Unterstüt­zung erfahren. Das Persönliche Budget nach dem Arbeitge­ber-Modell als Form der persönlichen Assistenz kann Teilha­be und Integra­tion, Selbstbestimmung und Wahlfreiheit verbessern. An dieser Stelle soll ein Blick auf das Für und Wider der persön­lichen Assistenz als Möglichkeit für Menschen mit geistiger Behinderung erfolgen.

It's assumed by public and experts that people with intellectual disabilities are incapable to self-determination about theire everyday decisions. It's a deficit-view and generated often paternalistic welfare measures. However, it can be stated that these people are capable of self-determination and independence. They can improve their quality of life and are capable of equal participation in the everyday life of society. They just need a special assistance and a corresponding support. When mentally handicapped people use the Personal Budget, then they are employer. They get financial mediums to buy services for themselves according to their individual support. This kind of personal assistance can improve and realize participation and inclusion, autonomy and choice. At this point follows a look at the pros and cons of the Personal Budget for people with intellectual disabilities.
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Ausgabe 01|10

Melanie Schaumburg
Medienpädagogische Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung – Eine methodische Anleitung für die Praxis

Zusammenfassung:
Medienpädagogische Arbeit ist mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil der schulischen und außerschulischen Kinder und Jugendarbeit. Für Menschen mit geistiger Behinderung gibt es aber bisher noch wenig Angebote in diesem Bereich. Der folgende Beitrag will aufzeigen, dass zum einen die Medienpädagogik einen wesentlichen Beitrag in der Behindertenarbeit darstellen und zum anderen wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann.

Media education has become an essential part of juvenile labour. But there are too little facilities for mentally handicapped people. The following article shows that media education can substantially contribute to disabled pedagogy and how this can be realised in the pedagogic work.
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Angela Gosch, Monica Ionescu & Anita Donaubauer
Einstellungsänderung von Hauptschülern gegenüber Menschen mit Behinderungen: Pilotstudie zum pädagogischen Projekt "Perspektivwechsel"

Zusammenfassung:
In dem multimodalen Projekt Perspektivwechsel vermitteln Experten in eigener Sache Wissen, ermöglichen durch Gespräche und Simulationen einen Wechsel der Perspektive. Es wurde an 134 Hauptschülerinnen und -schülern der 5. bis 7. Klasse hinsichtlich der Veränderung der kognitiven und affektiv- kognitiven Komponenten der Einstellung sowie der Beurteilung des Projekttages evaluiert. Der Einfluss weiterer Determinanten wurde geprüft (z.B. Migrationsstatus). Die Ergebnisse zeigen, dass alle Schülerinnen und Schüler einen signifikanten Wissenszuwachs (kognitive Komponente der Einstellung) aufweisen. Ihre affektiv-kognitiven Komponenten der Einstellungen sind im Vorfeld insgesamt positiv, eine weitere positive Einstellungsänderung lässt sich nur in Subgruppen (Mädchen, Kinder mit Erfahrung mit Behinderung und mit Migrationshintergrund) belegen. Die Mehrzahl der Befragten bescheinigt dem Lernprojekt eine sehr gute bis gute Gesamtnote.

The multimodal project Perspektivwechsel presented by individuals with disabilities procures knowledge about disability and facilitates a change of perspective (e.g. through simulations). 134 students were included in this pilot study to test the change of cognitive and affective-cognitive components of attitudes as well as their assessment of the project. Additionally, determinants on the students’ attitudes were analysed (e.g. migration). Results show that the knowledge increases significantly in all students who participated in the project. The affective-cognitive components of their attitudes towards people with disabilities are very positive beforehand the project and only in subgroups a further positive change can be seen (e.g. in girls, in students with previous experience with disability, and in migrants). The majority of students grade the project overall very positive.
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Timm Albers
Inklusion und Sonderpädagogischer Förderbedarf - Historische Linien und gegenwärtige Anforderungen an ein verändertes Verständnis sonderpädagogischer Förderung

Zusammenfassung:
Ziel des vorliegenden Beitrags ist die Analyse von Entwicklungen und Veränderungsbedarfen im System sonderpädagogischer Förderung in Deutschland, die mit der UN-Behindertenrechtskonvention einhergehen. Ein inklusives Bildungssystem basiert auf dem Recht aller Lernenden auf eine qualitativ hochwertige Bildung, die grundlegende Lernbedürfnisse identifiziert und auf das Potenzial jedes Einzelnen ausgerichtet ist. Die Ziele inklusiver Bildung sind dabei von der Abkehr von Diskriminierung und der Herstellung sozialer Kohäsion geleitet. Inklusion als Zielperspektive erfordert daher auch Veränderungsprozesse auf der pädagogischen Handlungsebene. Ein inklusives Bildungssystem steht dabei in der Verantwortung, Möglichkeiten zu identifizieren, die nicht primär die Schwächen der Kinder und Jugendlichen sondern Veränderungspotenziale in der aktuellen Lernumgebung fokussieren.

The aim of this paper is to examine the trends and need for a change of special education in Germany accompanied by the Convention on the Rights of Persons with Disabilities. Inclusive education is based on the right of all learners to a quality education that assesses basic learning needs and seeks to develop the full potential of every individual. The goal of inclusive quality education is to end all forms of discrimination and foster social cohesion. Introducing inclusion as a guiding principle has implications for teachers' practices. An inclusive education system therefore has to offer an assessment that doesn't focus on a child's difficulties but on providing a least restrictive environment.
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Volker Hagemeister
Eine Dokumentation: Unterrichtsmethoden, die Schwierigkeiten im Rechnen entstehen lassen

Zusammenfassung:
Besonderheiten beim Kind stehen bislang im Zentrum des Interesses, wenn nach Ursachen für Schwierigkeiten im Rechnen gesucht wird. Dagegen fehlt eine breite, empirisch fundierte Auseinandersetzung mit Unterrichtsmethoden, die die Entstehung von Schwierigkeiten im Rechnen begünstigen. Mit Hilfe von Kopien aus Übungsheften und aus Klassenarbeiten, die Kinder in der Schule angefertigt haben, wird hier dokumentiert, dass ständiger Zeitdruck vielen Kindern in der Grundschule große Probleme bereitet. Durch eine Überbetonung des schnellen Im-Kopf-Rechnens und die Vernachlässigung der sorgfältigen schriftlichen Präsentation von Mathematikaufgaben werden etliche Kinder im Mathematikunterricht systematisch benachteiligt.

Peculiarities in children so far are at the center of attention when searching for causes for arithmetical disorder. However, a broad, empirically based discussion about teaching methods that encourage the emergence of arithemetical disorder is missing. A lot of children in primary schools are facing serious problems caused by permanent time pressure. This is shown by documenting copies of exercise books and tests made by children in school. By an overemphasis on the fast mental arithmetics and the neglect of the careful, written presentation of math problems several children in mathematics classes are systematically disadvantaged.
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